Ein Bilderbuch das versucht, Depressionen für Kinder verständlich zu machen.
Gleich auf der ersten Seite werden den jungen und älteren Leser*innen die Hauptfiguren dieser Geschichte vorgestellt: Adele, die Mutter, Lotti, die Tochter und Mizzi, die Oma. Die Großmutter wohnt nicht bei ihnen, kommt aber „manchmal zu Besuch.“
Lottis Vater hat sich, wie ihre Mama erklärt, „mit einer Architektin aus dem Staub gemacht“ und „die ganze Kohle mitgenommen.“
An dieser Stelle müssen wir (kurz) über die unbezahlte Care-Arbeit reden, die größtenteils, und oft ganz selbstverständlich, von Frauen erledigt wird. Wenn sich Adele nach ihrer bezahlten Arbeit in der Werbeagentur um Lotti und das Zuhause kümmert, dann tut sie dies unentgeltlich, manche würden sogar soweit gehen zu sagen: dann hat sie frei. Die Mutter in dieser Geschichte hat also zwei Jobs: ihre bezahlte Arbeit in der Agentur und ihre Care-Arbeit für die Familie. *
Da kann man schon mal depressiv werden, oder?
Dass Lottis Vater nur als Foto an der Wand existiert, bestätigt ein gängiges Klischee vom fremdgehenden Mann ohne Gewissen und ist zutiefst sexistisch: aber so lässt die Autorin das Bild einer komplett überforderten, verbitterten Frau und Mutter entstehen, die keine Aussicht auf Hilfe des Vaters hat – ein großer Nachteil der Kernfamilie: Wenn einer wegfällt, muss die andere alles allein schaffen.
Es kommt, wie es in dieser Geschichte kommen muss: Adele bekommt Burnout, sie „brennt ab“ und, um die Metapher noch weiterzutreiben, verschwindet „in einem schwarzen Loch“.
Omas Hausmittel, die sonst immer helfen, wollen in diesem Fall einfach nicht funktionieren. Zum Glück naht die Rettung: Wenn Mama abgebrannt ist, muss sie eben wieder angezündet werden – und wer könnte das besser als ein Mann, der auch noch Feuerschlucker aus dem Zirkus ist?
Fernando, der Deus ex Machina, will versuchen, Adele zu „reparieren“. Er schenkt dazu der Mutter etwas von seinem Feuer (Achtung: nicht jugendfrei) und gleich kann Mama „sogar schon wieder ein bisschen lächeln“.
Wenn es kein Kinderbuch wäre, könnten wir das Ganze als Satire abtun, aber leider wird Mama & das schwarze Loch tatsächlich Kindern vorgelesen, um ihnen Depressionen zu erklären.
Am Ende lautet die Lösung für alle Probleme hier wirklich: einmal in der Woche kommen der Feuerspucker und seine Mannschaft und sie „packen zu, wo es gerade nötig ist. So kann sich Adele ab und zu ein bisschen entspannen.“
* Dafür bekommt Adele als Rentnerin in Deutschland circa 57% weniger Geld als ein Rentner.
Mama & das schwarze Loch
Leonora Leitl
Tyrolia Verlag
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